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Sehr erfreuliches erwartet Sie in der schwäbischen Küche, auch wenn sich manches nicht sofort als
genießbar erschließt. Gott sei's geklagt, gibt es fast keine urschwäbische Lokale mehr, in denen die Portionen
ebenso umfangreich sind, wie der Körperumfang der Wirtin und die Qualität von so hohen Niveau, wie der
Schimpfwortschatz der Bedienung.
Daher gibt es nur zwei Möglichkeiten: bitten Sie in der Nachbarschaft um Tipps oder testen Sie einfach die
Lokale in Ihrer Umgebung in konzentrischen Kreisen. Meist genügt schon ein Blick auf die Speisekarte um die
kulinarische Spreu vom Weizen zu trennen.
Probieren Sie auf jeden Fall einen schwäbischen Rostbraten (den man leider nur selten in früherer
Qualität erhält), mit handgeschabten Spätzle und einem dunklen Sößle, einfach Spitze. Ganz Mutige versuchen auch
den Rostbraten auf einem Berg von duftendem Filderkraut ..
Ein Muss sind auch Maultaschen, eine Art überdimensionaler Ravioli mit köstlicher Füllung, für die jede
schwäbische Hausfrau ein überliefertes Rezept vorweisen kann. (... und dann doch die industriell gefertigten
Bürger-Maultaschen kauft!).
Man isst sie 'gschmälzd', also mit einer Haube aus in Butter gebräunten Semmelbröseln und einem fast
inzestuösen Beilager aus Kartoffelsalat (nix Maionaise, sondern mit Essig, Öl, Zwiebeln und Fleischbrühe aufs
trefflichste angemacht). Oder aber 'gröschded', also in Scheiben geschnitten und mit Ei in der Pfanne
gebacken. Oder 'en dr Briah', also in einer Fleischbrühe gegart und mit viel frischem Schnittlauch
optisch in Form gebracht.
Wer Innereien mag, der sollte 'saure Nierle' oder 'saure Läber' probieren, mit hauchdünn
geschnittenen Bratkartoffeln und einem köstlichen Sößle, im übrigen eines meiner Leibgerichte.
Optisch gewöhnungsbedürftig, aber geschmacklich genial, der 'Gaisburger Marsch', ein Eintopf aus
gewürfeltem Tafelspitz, Fleischbrühe, Spätzle, Kartoffeln und Gemüse. Früher ein Arme-Leute-Essen, heute ein
Gericht für fröhliche Runden, beim keiner ruht, bis der Topfboden sichtbar wird.
Gewagt, aber ebenfalls ein Leibgericht in meiner Familie, 'Karddofflsubb mid Floischkiachla', eine klare
Kartoffelsuppe aus fest kochenden Kartoffeln in einer Rinderbrühe und dazu die schwäbische Version der Bulette
aus kräftigem Hack und Zwiebeln, schön 'rösch' gebacken. Manches Nordlicht musste diesem Gericht schon
seinen neidlosen Respekt zollen.
Weitere schwäbische Köstlichkeiten: 'Flädlesubb', eine Fleischbrühe mit hauchdünn ausgebackenen
und in Streifen geschnittenen Pfannkuchen, 'Soida midd Lensa und Schbäddzla', also Saitenwürste mit
sauer zubereiteten Linsen und handgeschabten Spätzle, 'Buabaschbiddzla mid Kraud', Schupfnudeln aus einer
Kartoffel/Nudelteigmasse in Filderkraut mit viel Speckwürfeln, 'Wurschdsalad', ein Vespertraum aus
hauchdünnen Schinkenwurststreifen, angemacht mit Zwiebeln, Essig und Öl, 'Dellrsulz mid Brod', die
schwäbisch-deftige Version der Sülze, 'saure Kuddla', in Streifen geschnittene Vormagenteile(!) des
Rindes, in einem dunklen Sößle mit Bratkartoffeln.
Beim Trinken herrschen nicht mehr die strengen Sitten der Vergangenheit, also die strikte Trennung in
Wein-(Vierteles-Schotzer) und Biertrinker. So sehr ich manchmal einen trockenen einheimischen Wein liebe,
ebenso schätze ich an heißen Tagen ein 'Woiza', also ein kühles Weizenbier oder 'A Dannazäbbfle'.
Leider übersteigt die Nachfrage, gerade nach Rotwein, die einheimische Produktion und treibt die Preise
für einen 'anschdändiga Drobbfa' in schwindelnde Höhen ('Do schmeggds faschd nemme'), aber noch gibt es
überall ein vielfältiges Angebot. Außerdem, ich gebe es ja zu, diese Seiten sind überwiegend unter Zuhilfenahme
von Pfälzer Weißweinen entstanden ... auch andere Mütter haben schöne Töchter.
Wichtig ist, lassen Sie sich keinesfalls von bombastischen Etiketten und noch bombastischeren Preisen täuschen,
die erfreulichsten Tropfen kommen oft im unscheinbaren Büßergewand einher!
Wein wird übrigens geschlotzt (und nicht getrunken) und ist mäßig genossen auch in größeren Mengen gut
bekömmlich. Vorbei sind auch die Zeiten, da Tübinger Wein im Ruf stand, ein Loch in den Magen zu fressen, das
nur durch Reutlinger Wein zu kurieren war, bei dem sich alles (wirklich alles !) wieder zusammenzog.
Baden-Württemberg ist nicht ohne Grund eine der übernachtungsstärksten Regionen in Deutschland, es gibt
vieles zu entdecken. Immer lohnend ein Besuch in Stuttgart, sei es um zu bummeln, einzukaufen, sich kulturell
verwöhnen zu lassen (Staatsgalerie, Oper, Schauspiel, viele, viele Museen, Fernsehturm uvm.) oder einfach den Charme
einer Großstadt in einer einzigartigen Talkessellage (Offizieller Slogan: 'Stadt zwischen Wald und Reben' -
inoffiziell: 'Stadt zwischen Halt und Gräben') zu genießen.
Auch andere größere Städte haben Ihren eigenen Reiz: Karlsruhe mit seinem außergewöhnlichen
Verkehrskonzept, Ulm mit einer riesigen Fußgängerzone und dem Münster, Heilbronn mit viel Grün und einem
sehenswerten Blick vom Wartberg, Esslingen mit seiner Burg, Schwäbisch Gmünd und Leonberg mit einem
wunderschönen alten Marktplatz, Tübingen als quicklebendige Stadt in altem Gemäuer ...
Typische Muss-Ziele schwäbischer Klassenfahrten: Die drei Kaiserberge mit der Ruine Rechberg, Schloss
Lichtenstein, die Bären- und Nebelhöhle, das Hohenzollernschloss in Sigmaringen, die 'raue Alb' bei Münsingen,
aber das können Sie ja in jedem guten Reiseführer nachlesen.
Zum Schluss noch ein wohlgemeinte Ratschläge:
Der Schwabe ist mundfaul, aber nicht auf den Mund gefallen. Er liebt es Dinge kurz und prägnant auszudrücken
(siehe dazu auch 'Schwäbische Sprüche und
Lebensweisheiten') und meint es aber keinesfalls so hart, wie es in Ihren Ohren klingt, vor allem wenn
er schimpft und flucht.
Der Schwabe ist vorsichtig und eher zurückhaltend, seine Freundschaft zu erlangen ist ein Privileg, an dem Sie
ständig arbeiten sollten.
Und ganz zum Schluss:
Behaupten Sie nie, Florenz sei schöner als Böblingen oder die Schwaben könnten nicht mit Geld umgehen!
Machen Sie keine vorschnellen Bemerkungen über heimische Weine oder die Kehrwoche!
Und versuchen Sie nie, wirklich nie, auf schwäbisch zu fluchen.
Vielleicht hilft Ihnen der eine oder andere Tipp, sich dem Leben im 'Schwobaländle' besser anzupassen.
Also, nix fir oguad ond bleibad gsond!
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