Eine nicht ganz erst gemeinte Anleitung
So so, Sie sind nun also (mehr oder weniger) glücklich im Schwabenländle gelandet und möchten jetzt ein
vollwertiges Mitglied der schwäbischen Lebensgemeinschaft werden?
Frühestens in der nächsten Generation wird Ihre Familie die Integration geschafft haben, und auch dann wird noch
der eine oder andere Mitbürger bei passender Gelegenheit sagen: 'Dia send hald doch nedd vo hier!'
Kommen Sie gar aus Übersee, empfiehlt sich ein Eingewöhnungs-Training, das früher unter
www.training-for-germany.de von Peter Luik angeboten wurde:
You move to South Germany or you are here from time to time....
Living in Germany could be different. The language is different. Driving is different, you might need to get a
german drivers license. Where to get explanations to traffic signs and traffic rules? How to use streetcars or
trains, how to use equipment with manuals only in german, where is a doc and what the heck is a 'Kehrwoche'?
Das soll Sie aber nicht abhalten, sich aktiv mit den Schwaben und dem hiesigen Brauchtum zu beschäftigen, und so
Ihren Nachkommen ein Leben in bescheidener Normalität zu ermöglichen:
Folgende Punkte erleichtern die Integration ganz ungemein:
Wenn Sie auf der Strasse einen gelernten Schwaben nach der Uhrzeit fragen und die Antwort 'Femfvordreifirdelneine'
erhalten, dann sollten Sie wissen, dass 8:40 Uhr gemeint ist. Mehr zu den
schwäbischen Uhrzeiten erfahren Sie hier.
Erwarten Sie von einem Schwaben nie, dass er Hochdeutsch spricht, denn er wird überzeugt sein, mit Ihnen bereits
in bestem Hochdeutsch zu parlieren.
'Feschdgemauerd in där Ärdn, schdähd die Form aus Lähm gebrannd', ist also die hochdeutsche Version von
Schillers Glocke aus dem Munde eines Schwaben.
Ein Schwabe wird Ihnen böse sein, wenn Sie sein Hochdeutsch bemäkeln, denn das berührt schmerzlich sein latentes
sprachliches Minderwertigkeitsgefühl.
Bleiben Sie auch ernst, wenn im Eifer des Gefechtes schwäbischer Dialekt 'verhochdeutscht' wird, zum Beispiel: 'Warum
henken Sie den Riassel so herunter?' oder 'Gleich werd ich narrad!' oder 'Täten Sie mir bidde das
Salz romgäben?'
Beim Versuch schwäbisch zu schwätzen, erkennt Sie ein Schwabe schon bei der ersten Silbe als Nichtschwaben und
reagiert sehr ungehalten. Wird er doch immer denken, Sie wollen sich über ihn lustig machen.
Außerdem werden Sie nie fehlerfreies Schwäbisch hinbekommen, wenn Sie nicht hier aufgewachsen sind. Worte wie
hälenga (heimlich),
oagnähm (unangenehm) oder
Olaaga (Parkanlagen) sind die typischen Stolperfallen.
Zudem 'hagelt', also stolpert, der Nichtschwabe über latente Unlogik, wie 'der Buttr' (die
Butter), 'heb dees mol' (halt das bitte fest) oder 'hinterschefirre denka' (verquere Gedanken).
Bei diesem schwäbischen Ritual samstäglichen Putzwahns werden Sie von allen Nachbarn am Anfang argwöhnisch
beäugt, ob Sie auch 'oschdändig' putzen. Lesen Sie die Hausordnung intensiv durch und fragen am besten
bei den Nachbarn nach, ob es irgendwelche tradierte Besonderheiten gibt.
Sie wandeln auf einem sehr schmalen Grat!
Putzen Sie zuviel, wird es heißen 'Dia wellad ons wohl zoiga, dass mir Dreggsäu send?', bleiben aber
Flächen ungereinigt, werden sich die Nachbarn zuraunen 'Dia miassad's buddza au no lerna!'.
Wichtig ist es vor allem, die Kehrwoche öffentlich durchzuführen, wischen Sie daher am besten die Treppe zu
Zeiten, wenn alle Mitbewohner das Treppenhaus benützen. Stöhnen Sie dabei leise vor sich hin, wirkungsvoll sind
einige Wassertropfen als Schweißersatz auf der Stirne. Knallen Sie den Schrubber lautstark in alle Ecken, damit
jeder im Hause hört, dass hier 'oschdändig' gearbeitet wird.
Stauben Sie wöchentlich sämtliche Einmachgläser ab, die im Keller herumstehen, die leeren auch von innen! Ferner
wird der Velourteppich nach dem Staubsaugen mit einer speziellen Bürste von den Streifen befreit, die die
Rädchen des Staubsaugers hinterlassen haben.
Entdecken Sie alles, was typisch Schwäbisch gilt: 'Breddzla' (Brezeln), 'Laugawegga'
(Laugenbrötchen), 'Roschdbrooda' (Zwiebelrostbraten), 'Lensa medd Soida ond Schbädzla' (Linsen mit
Spätzle), Gaisburger Marsch, 'Saure Nierla' (Nierchen in dunkler Sauce) und 'Kuddla'
(Kutteln).
Sie müssen in der Lage sein, den schwäbischen Kartoffelsalat auf dem Teller mit dunkler Bratensauce zu verrühren
und das optisch unansehnliche (aber geschmacklich tolle) Gemisch mit Genuss zu essen. Auch dürfen Sie Spätzle
mit Kartoffelsalat nicht um den Schlaf bringen oder ein Zwiebelrostbraten auf Sauerkraut mit einem Maultäschle.
Lernen Sie von Suppen satt zu werden! Der Schwabe liebt Suppen und könnte sich ohne weiteres ausschließlich von
Flädle-, Griesklößles-, Riebeles- oder Nudelsuppe ernähren.
Trinken Sie ab und zu einen Württemberger Trollinger, auch wenn der ihnen am Anfang sehr trocken und (manchmal)
dünnflüssig vorkommen sollte. Der Schwabe liebt es, für seinen Wein gelobt zu werden. Sollte Ihnen der Wein
nicht zusagen, dann jammern Sie einfach bei jeder Gelegenheit laut darüber, dass er ja so schwer zu bekommen
sei.
Ein echter Schwabe wirkt immer sehr unfreundlich. Dieser raue Ton verbirgt aber nur tiefgehendere Gedanken und
die latente Zerrissenheit der schwäbischen Seele.
'So isch no au wieder' sagt der Schwabe und meint damit die Tatsache, dass alles zwei Seiten hat. Und
weil nun der Schwabe alles von zwei Seiten betrachtet, dauert es einfach länger, bis er zu einer Entscheidung
kommt.
'Dia vom grossa Vaddrland dooba schwäddzad schnellr als mir dengad!': Vorschnelles Wortgetöse ist dem
Schwaben ein Gräuel, er spart halt gerne, auch an Worten.
'Hobbla', ersetzt daher vollkommen den Satz 'Oh, tut mir sehr leid. Ich bitte vielmals um Entschuldigung
für mein Versehen.'
Das bedeutet vor dem Haus eine öde, aber perfekt unkrautfreie Rasenfläche, die laufend auf 3-Tagebart-Höhe
gehalten wird, umrahmt von einer noch öderen Ligusterhecke hinter einem dunkelbraun gestrichenen Jägerzaun. Die
Hecke wird selbstverständlich einmal wöchentlich getrimmt.
Einziger Schmuck ist ein Gartenzwerg (Hochzeitsgeschenk vom Onkel) oder ein kitschiges Bambi (Hauptgewinn auf
dem Wasen)
Hinter dem Haus wird kein Blumenschnickschnack angepflanzt, sondern echte schwäbische Nutzpflanzen: Breschdleng
(Erdbeeren), Gogommerle (Gurken), Grombiera (Kartoffeln), Tomada (Tomaten), Feldsalad
(Ackersalat) oder Treibla (Johannisbeeren).
Alle verwertbaren Gartenerzeugnisse werden für schlechte Zeiten und/oder kommende Generationen aufbewahrt. Das
Obst wird zu 'Gsälz' (Marmelade) oder Saft verarbeitet, das Gemüse eingeweckt (eigmacht) oder
einlagert (eikellerd).
Sollte wirklich ein Krieg drohen, wird Ihre Familie zu den ersten Kriegstoten gehören, einzig und allein durch
den Genuss der selbst eingemachten (und dann schon längst abgelaufenen) Konserven.
Der Schwabe sucht stets den materiellen Besitz, ohne davon aber zuviel Aufhebens zu machen.
Wenn Sie also gerade ein 'Häusle' für 2,5 Millionen hingestellt haben, dann sollten Sie überall herumerzählen,
dass Sie noch immer den Esstisch aus Ihrer Studentenbude benutzen. (Ob Sie darauf im Keller Holz streichen,
interessiert in diesem Zusammenhang niemanden!)
Werfen Sie grundsätzlich nichts weg, was später noch einmal von Gebrauch sein kann (oder auch nicht). Ein echter
Schwabe würde z.B. nie String-Tangas kaufen, weil er weiß, dass nur aus dem klassischen Feinripp-Modell nach
10jähriger Benutzung die besten Putzlumpen entstehen.
'Mir warad a bissle am Meer' = Wir waren 4 Wochen mit einer gecharterten Jacht in der Südsee.
'Dia Kärra brauchad ja emmr wenigr' = Ich habe mir gerade wieder eine neue S-Klasse bestellt.
'Hennd Sia au des vom neia Markt glesa?' = Mein Aktienbesitz hat sich gerade in Luft aufgelöst.