Info
1
2
3
4
5
6
7
Die schwäbisch/alemannische Kehrwoche beruht auf einer Vielzahl von Erlassen, die seit Ende des 15. Jahrhunderts
im evangelischen Württemberg heraus gekommen sind, um die Menschen zu Ordnung und Sauberkeit im häuslichen
Umfeld anzuhalten.
So stand im Stuttgarter Stadtrecht von 1492:
'Damit die Stadt rein erhalten wird, soll jeder seinen Mist alle Wochen hinausführen, (...) jeder seinen Winkel
alle vierzehn Tage, doch nur bei Nacht, sauber ausräumen lassen und an der Straße nie einen anlegen. Wer kein
eigenes Sprechhaus (WC) hat, muss den Unrath jede Nacht an den Bach tragen'.
In der Folge gab es diverse 'Gassensäuberungs-Ordnungen', die die Frequenz der erforderlichen Reinigung und die
Art der Durchführung genauer regelten.
Gewöhnlich wird noch heute im Mietvertrag geregelt, welche Partei wann den Gehsteig zu fegen, den Winterdienst
zu übernehmen und das Treppenhaus zu putzen hat, sofern dies nicht schon die Hausordnung hergibt.
Meist gibt es in Miethäusern ein Schild mit der Fettdruckaufschrift Kehrwoche, das an der Wohnungstür des
jeweils für die Kehrwoche zuständigen Mieters aufzuhängen ist. Hierdurch hat der Hausverwalter (und alle anderen
Hausbewohner) jederzeit den Überblick, wen er bei Mängeln in der Reinigung ansprechen muss.
In größeren Gebäuden wird unterschieden zwischen 'großer Kehrwoche', das ist das ganze Programm aus Haus, Keller
und Gehsteig - und der 'kleinen Kehrwoche', die meist das Reinigen der Treppe und des Treppenabsatzes vor der
eigenen Wohnung umfasst.
Da man den Bewohnern von Elsass-Lothringen in der Zeit als Reichsland zwischen 1871 und 1918 versuchte, die
schwäbische Kehrwoche näher zubringen, werden im Elsass deutsche oder vermeintlich deutsche Eigenarten
scherzhaft oder abwertend als 'Schwabenzeug' bezeichnet.
Also gleich mal vorweg, die Kehrwoche ist im Prinzip sinnvoll.
Aber eines fällt halt auf: der Sinn der Kehrwoche scheint weniger der kollektive öffentliche
Sauberkeitswahn zu sein, sondern vielmehr im Gesehen werden mit Bäsa, Kuddrschauffl, Kehrwisch, Schrubbr ond
Oimr zu bestehen.
Nicht das Ergebnis zählt, sondern der Beweis: ein überfluteter Kellergang ist wichtiger als eine saubere
Kellertreppe.
Gängige Mittel sind z.B. das Verräumen sämtlicher Eingangsmatten im ganzen Haus das auffällige und lang
andauernde Plazieren von Reinigungsutensilien im ganzen Hause, laut vernehmliches Klopfen mit dem Schrubber an
fremden Wohnungstüren oder einfach das stundenlange Stöhnen mit dem Besen in der Hand auf dem Gehweg.
Ganz lästig sind Nachbarn, die mit absichtlichen Verstreuen von Wollfusseln auf der Treppe das
Reinigungsergebnis kontrollieren möchten. Hier kann es helfen, die Fusseln aufzunehmen, dann zu warten bis der
Nachbar ins Bett gegangen ist (bei Schwaben also um 21 Uhr ..), dann Sturm zu klingeln und dem schlaftrunkenen
Nachbarn die Fuseln mit den Worten 'Die haben Sie auf der Treppe verloren und bestimmt schon vermisst!' in die Hand zu drücken.
Früher gab es überall noch den Kuttereimer. Das war der blecherne Nachfolger des Kutterfasses und der
Vorgänger der genormten und aus Hartplastik gegossenen Mülltonne. Dass dieser bundeseinheitliche Terminus den
traditionellen wie scheppernden Kuttereimer weitestgehend verdrängt hat, mag man bedauern.
Mir völlig unverständlich ist das 14-tägliche Auswaschen des Mülleimers, bei man nicht ruhen darf bis das
Zink oder Plastik blinkt, je nachdem welche Tonne man benutzt.
Info
1
2
3
4
5
6
7