Schwäbisch heute - Trend und Entwicklung
Die ganzen letzten Jahre beobachte ich (auch an mir selbst), ein latente "Entschwäbelung", also eine
Aufweichung des Dialekts in Richtung des Hochdeutschen.
Neben den vielen "Guggsch-Du", "Läuft!" und "Viertel-vor-Acht"-Menschen, scheinen Schwaben (selbst auf dem
Stuttgarter Wochenmarkt) nur noch in homöopathischen Dosen vorzukommen. Um ganz sicher verstanden zu
werden, ordert man daher besser statt "Bräschdleng" sicherheitshalber Erdbeeren und statt "Pederleng" Petersilie.
In einem schleichenden Prozess wurde aus "I hao gnuag" ein "I hann gnuag", und aus dem "I hann gnuag" ein "I
hab gnug". Aus "Weed" wurde "Wind" und aus "Mai Mo hodd gsaid" wurde "Mai Mann
hadd gsagd".
Immer seltener wird man "en dr Wirdschafd" gefragt "Wa dädad dr drenga?", stattdessen hört man "em Reschdorah"
die Frage
"Was möchten Sie trinken?".
Schwaben taten sich mit Ihrem Dialekt schon immer "a bissle" schwer, vor allem in einem hochdeutschen
Umfeld und suchten nach Strategien, um sich verständlich zu machen.
Beste Beispiele sind einige unserer BW-"Minischdrbräsidenda":
Erwin Teufel presste sein Schwäbisch in hochdeutsche Backformen, was dann Sätze ergab wie
"Ter Pürker traussen im Lante".
Günther Oettinger wählte dagegen die Taktik des
Schnellschwätzens mit endlosen Trommelsätzen in konsonantischem Dauerfeuer "WirmüssdmBügreinbssrsGeflvrlndterandWaUrngt"
- dasselbe macht er übrigens auch in englischer Sprache.
Mit Winfried Kretschmann kam nun wieder "slow-schwätz", durchdachte und tiefsinnige Bemerkungen, bei denen
die Zunge schwer um jedes Wort ringt und knarzt und man als Zuhörer manchmal mitleidet, bis alles
endlich draußen ist.
Meist hört man heute von gelernten Schwaben einen Mischmasch aus Schwäbisch und so einer Art Hochdeutsch,
also "Bienzle-Schwäbisch". Eigentlich fast Hochdeutsch, dazwischen aber z.B. die verräterischen 'st' oder 'sp'
- "Geschtern habe ich mit meiner Schweschter geschprochen".
Offensichtlich hat sich das Schwäbische derzeit von den Städten mehr aufs Land verzogen, aber selbst dort ist
das Hardcore-Schwäbisch auf dem Rückzug vom aktiven in den passiven Wortschatz.
Nun bin ich schon alt genug, um zu wissen (und erlebt zu haben), dass das Pendel einer Entwicklung auch wieder zurück schwingt. Vielleicht bringt "Multi-Kulti" und "Verenglischung" als
Nebeneffekt ja auch wieder eine Dialekt-Wiederbelebung, also so einen "Mir-senn-doch-mir"-Effekt.
Auf der anderen Seite hatte das Schwäbische schon immer die Gabe, Fremdwörter aufzunehmen und ganz locker einzuschwäbeln, so heute
auch "Feisbugg", "Aibrädd" oder "Skaib"!
Also, locker bleiben, "no koin Schdress!" - das Schwäbische findet immer einen Weg!